Hört man in den letzten Jahren etwas zum Thema “Digitalisierung”, hat es fast immer etwas mit Scheitern zu tun. Bürgerdienste am heimischen PC? Kommen seit Jahren nicht ans Fliegen. Der elektronische Personalausweis? Genauso wie die ELSTER (Nutzungszwang spätestens wegen der Grundsteuerreform) ist er nur unter Zwang verkäuflich (der e-Perso wird eigentlich nur genutzt, damit Bürger staatliche Unterstützungsleistungen erhalten, die ihnen sonst verweigert würden (ALG, Kindergeld, die Heizkostenhilfe für Studenten – wobei erstaunlich viele Studenten vermieden haben, den ihnen zuständigen Betrag abzurufen). Die elektronische Patientenakte? Trotz sanften Zwangs (opt-out statt opt-in) wird auch das auf der Nase landen.
Noch schlimmer steht es um zwangsweise ausgerollte Verfahren wie e-Rezept, GEMATIK-Hardware und -Methoden oder das besonders defekte elektronische Anwaltspostfach (bei dem das ganze Konzept so schwach war, daß die Signaturschlüssel zur Zertifikatserstellung an alle Clients ausgeliefert wurden).
Das einzige zentrale Tool, das ausgerollt wurde, seinen Zweck erfüllt hat und sowohl von Fachleuten als auch von der Bevölkerung angenommen wurde, war die Corona-Warn-App.
Was haben alle diese Verfahren miteinander zu tun? Alle basieren auf funktionierender, eindeutiger Identifikation, die wiederum auf funktionierender Kryptographie basiert.
Und gerade da hat Deutschland ein echtes Problem. Der Staat, der als Garant der Rechte seiner Bürger ein vitales Interesse daran haben müßte, ein objektiv verifizierbares Verfahren zur sicheren Identifikation bereitzustellen, bemüht sich geradezu, das Vertrauen der Bürger zu enttäuschen.
Bedenkt man jetzt auch noch Themen wie die Nutzung von Schadsoftware als Ermittlungswerkzeug ist relativ klar, daß die Antwort hier nur “nein” lauten kann. Es gibt Geister, die ihre Flasche nicht verlassen dürfen.
Sollen wirklich funktionierende Verfahren zur Modernisierung von Verwaltungsinteraktionen der Bürger, den allgemeinen Geschäftsverkehr oder auch nur der persönlichen Kommunikation eingeführt werden, ist ein einfaches, sicheres und vertrauenswürdiges Verfahren notwendig. Also genau das, was der Staat seinen Bürgern nicht zu liefern willens ist; stattdessen darf Ursula von der Leyen zum wiederholten Mal versuchen, “Chatkontrolle” und defekte Verschlüsselung unterzujubeln.
Die Technologie existiert schon; wo wäre das Problem, daß die kryptographischen Dienste eines e-Persos dann zu aktivieren, wenn der Bürger das Gerät in der Hand hält und danach der öffentliche Schlüssel vom herausgebenden Amt zertifiziert und die zentrale Infrastruktur übergeben wird. Es gibt auch keinen Grund, die Mechanismen und Verfahren geheim zu halten, davon werden sie weder sicherer noch vertrauenswürdig. Und wenn es das sichere Identifikationsverfahren gibt, sind alle parallelen Entwicklungen (ELSTER-Zertifikate, eGK, e-sonstwas für Ärzte, Anwälte, Apotheker und wer weiß noch) hinfällig.
Noch wichtiger ist allerdings, daß man die Nutzung niemals zu erzwingen versucht. Zwangsmaßnahmen sind Gift für jedes Vertrauen.
Warum braucht man heute noch Telefax, wenn man mit Gerichten oder Finanzämtern kommunizieren will? Wir bleiben in der Steinzeit, in der wir uns derzeit befinden, Parallel entwickeln sich von der Industrie getragene Strukturen, die weder Sicherheit noch sichere Identifikation garantieren können. Ach ja, auch die Chatkontrolle der Laiendarsteller wird versagen: Nutzer werden nicht vertrauenswürdige Anbieter nicht mehr benutzen und (siehe Veilid als neuestes Beispiel) notfalls auf dezentralisierte Strukturen ausweichen, bei der die Behörden nicht einmal mehr Metadaten sammeln können.